Ende mit Schrecken

Erklärung von Julia Seeliger: Austritt aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen

Mit tiefem Bedauern und großer Enttäuschung gebe ich hiermit meinen Austritt aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen bekannt. Dieser Schritt fällt mir nicht leicht, da ich über viele Jahre hinweg mit Herzblut und Überzeugung für die Werte und Ziele der Grünen gekämpft habe. Doch die Entwicklungen und Reaktionen innerhalb der Partei auf das schreckliche Unglück in Solingen haben mich dazu veranlasst, meine politische Heimat zu verlassen.

Das Unglück von Solingen hat uns alle erschüttert und tief bewegt. In solchen Momenten ist es wichtiger denn je, klare Worte zu finden, Verantwortung zu übernehmen und solidarisch an der Seite der Betroffenen zu stehen. Leider habe ich genau dies in der Reaktion meiner Partei vermisst. Statt einer deutlichen Positionierung und eines konsequenten Eintretens für Menschlichkeit und Gerechtigkeit, habe ich ein Zögern und eine Verwässerung unserer Grundsätze erlebt, die für mich untragbar geworden sind.

Die Grünen haben sich immer als eine Partei der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit verstanden. Doch in der Stunde, in der es am dringendsten war, diese Werte laut und unmissverständlich zu verteidigen, hat die Partei in meinen Augen versagt. Es schmerzt mich zutiefst, das sagen zu müssen, aber das Schweigen oder die Halbherzigkeit in dieser Angelegenheit hat mich tief enttäuscht und mir gezeigt, dass ich mich nicht länger mit gutem Gewissen hinter diese Partei stellen kann.

Mein Austritt ist ein Zeichen meines Protests und meiner Trauer über die Richtung, in die sich die Partei in dieser entscheidenden Situation bewegt hat. Ich hoffe, dass dieser Schritt nicht nur meine Enttäuschung zum Ausdruck bringt, sondern auch ein Nachdenken innerhalb der Partei anstößt. Wir dürfen nicht vergessen, warum wir uns politisch engagieren: Für eine gerechtere, menschlichere Welt, in der jedes Leben zählt und in der wir uns gegen jedes Unrecht mit aller Kraft zur Wehr setzen.

Ich danke allen, mit denen ich in den vergangenen Jahren gemeinsam für unsere Ideale gekämpft habe. Es war mir eine Ehre, Teil dieser Bewegung zu sein. Doch nun ist für mich der Moment gekommen, andere Wege zu gehen, um weiterhin für die Werte einzutreten, die mir am Herzen liegen.

Mit besten Grüßen,
Julia Seeliger


Meine gute Freundin ChatGPT hat es eigentlich optimal beschrieben. Nun folgt mein eigener Text, den ich nicht nur alkoholisiert verfasst habe.

Eigentlich wollte ich schon nach der Europawahl austreten. Der Grünen-Abgeordneten Tessa Ganserer hatte ich angekündigt, wenn sie bis dahin nicht auf mich zukäme, um über die grüne Vielfaltspolitik zu sprechen, dann würde ich austreten und zur SPD gehen.

Zum Einen ist es natürlich ein bisschen blöd, seine Leidenschaft Bündnis 90/Die Grünen mit einer derart unsympathischen Person zu verbinden. Und unsympathisch, ja schädlich für Umwelt- und Klimapolitik, sowie für das Anliegen einer gerechten, respektvollen Gesellschaft ist Schadbärin Ganserer allemal. Eine spalterische, ichbezogene Troll, die ein aufgeblähtes Selbstbestimmungsgesetz durchprügelt, das Trauma als Norm fixiert. Etwas anderes ist das Deadnamingverbot nämlich nicht, von dem früher, als ich noch Vielfaltspolitik machte, noch keine Rede war. Das Deadnamingverbot fixiert die fragile Norm des Traumatischen. Eine Politik, die das Neurodiverse und das Fluide stärkt, ist nicht mehr meine, denn ich habe meine Gewalterfahrungen überwunden.

Auch Umweltpolitik braucht strukturell das Wahnsinnige nicht. Ich habe mich mal ein bisschen im Bereich Solarpunk umgesehen, ist leider keine Alternative. Also bliebe für die Grünen eigentlich keine Alternative zu einer pragmatischen, naturwissenschaftlich orientierten Klimapolitik, wofür sie sich mit Baerbock und Habeck eigentlich auch entschieden haben. Doch sie müssen die „Schizos“ (Deleuze/Guattari 1972/80) wohl der Nostalgie wegen weiter mitschleppen.

Zum Anderen hat irgendein Überengagierter nach der Hamburger Kommunalwahl, die parallel zur Europawahl stattfand, bei der Wikipedia eingetragen, dass ich für die Grünen angetreten war und offenbar wieder Mitglied bin. So war meine schöne virtuelle SPD-Mitgliedschaft dahin, die doch innerhalb der Grünen so viel Hass geschürt hatte.

Denn die Oberflächlichen aus meiner Partei sahen nicht etwa in der internen Mitgliederdatenbank nach, wenn sie feststellen wollten, ob ein eigentlich unwichtiges Basismitglied bei ihnen Mitglied ist oder nicht, sondern informierten sich nicht sonderlich medienkompetent im Internet.

Irgendetwas scheint die Mitglieder aufgebracht haben, auf jeden Fall wurde ich massiv angefeindet. Höhepunkt des Ganzen war, dass ich physisch von einem Parteitag entfernt wurde, weil ich in einem Signal-Chat die bei Feminist:innen unbeliebte Meinung vertreten hatte, dass man sexuelle Gewalt auch gut überleben und überwinden kann. Eigentlich hatte ich mich in meinem Heimatbundesland Niedersachsen engagieren wollen, um dem Niedersächsischen Judo Verband als prominente Betroffene von Zeit zu Zeit auf die Finger zu klopfen. Sexuelle Gewalt im Sport ist ein neues, modernes Thema und wir alle könnten viel von Expertinnen lernen.

Wollten die niedersächsischen Grünen nicht. Die Sportstrukturen bei den Grünen auch nicht so, da sollte es lieber um den Ausschluss russischer SportlerInnen gehen, den ich wegen Israel kritisch sah, und um das langweilige, aber wichtige Thema Sportstätten. Nicht zuletzt auch um das Thema Transsexualität und Frauensport, das wegen der Widersprüche zwischen Frauen- und Queerpolitik hoch interessant und kontrovers ist.

Wegen objektiv mangelnder Möglichkeiten, mich in queeren Strukturen und denen des Bereichs Demokratie&Recht zu engagieren, habe ich mich zuletzt bei Umwelt angemeldet und dort zur Begrüßung gesagt, ich würde bei den Grünen Sachen machen wollen, die Spaß machen. Bei Umwelt ist es ganz nett, weniger JuristInnen, mehr NaturwissenschaftlerInnen, sogar einige TierärztInnen dabei. Genau mein Ding eigentlich. Doch meine Vergangenheit holte mich ein.

Die Einsamkeit war quälend. Die Einsamkeit von 2011 bis eigentlich jetzt. Ein seltsames Gefühl, wenn die Freunde von früher einen als Feind behandeln. Warum, unklar, es wird ja nicht gesprochen. Ob sie zu fragil sind, um mit meinen psychopathischen Witzen umzugehen? Glauben sie, dass ich kritisch auf ihre vierstelligen Diäten schauen würde und eiskalt feststellen, wie wenig sie für die Partei und für Deutschland leisten? Dass es ihnen an einem Bewusstsein für das Gemeinwohl fehlt?

Oder fürchteten sie sich vor meiner Troll-Credibility, die ich mangels Tätigkeitsalternative erworben hatte? Meine Meinungen haben sich auf dem deutschen Imageboard Krautchan und dem angehängten Chat nicht geändert, doch möglicherweise trug ich seitdem eine Kontaktschuld bei mir, die nur die Anderen sahen.

Oder sie hassten mich, weil ich beruflich nicht erfolgreich war. Unsere ICH-AG-Gesellschaft schiebt Unerfolgreichen die Schuld für ihr Versagen zu. Victim Blaming gibt es nicht nur bei sexueller Gewalt, das Prinzip, Opfer selbst schuld zu machen, ist universell.

Definitiv war ich für die Politprofis kein interessanter Kontakt mehr, Freundlichkeit scheint bei den Ökopaxen, zumindest aber bei den Linksgrünen, nicht zu existieren. Das liegt vielleicht an dem weit entfernten und abstrakten Ziel Klimaschutz. Oder sie sind so gestört wie weiland jene, die sich von den Pädos verführen ließen, wer weiß das schon? Gründe interessieren mich, ich finde die Grünen auf jeden Fall sozial gestörter als Andere, wie ich in meiner FAQ bereits anklingen ließ.

Einst wurde mir gesagt, Politiker seien alle so, das glaube ich aber nicht. Politik hat etwas mit Pragmatismus zu tun, mit Lösungen im Hinterzimmer, und die marktschreierischen und extremer als die SPD anmutenden Grünen haben sich vielleicht wirklich zusammen mit der AfD den Preis für die ideologischste Politik des Landes verdient. Nicht umsonst hat es die SPD in Hessen geschafft, mit der CDU zu koalieren, und nicht die vergleichsweise pragmatischen hessischen Grünen.

Nach dem Unglück von Solingen war ich schockiert. Je mehr Informationen an die Öffentlichkeit kamen, desto mehr kam es ins Rutschen. Mir war nicht klar gewesen, dass Schwarz-Grün in NRW ein Vielfaltsministerium errichtet hatte, das nicht nur für Frauen, Queer und Gedöns zuständig ist, sondern auch für Flucht, also für die komplette queere Multitude, bundesweit ein Unikum. In allen anderen 15 Bundesländern ist das Innenministerium für Flucht zuständig.

Schockiert hat mich, dass die Ministerin Josefine Paul erst am Sonntag aus Frankreich zurückkehrte, wo sie an einer Veranstaltung zum 80jährigen Jubiläum der Zerstörung eines französischen Ortes namens Mayiez oder so – weder die Medien noch ich konnten diesen Ort bis dato lokalisieren – teilgenommen hatte und dort auch „gesprochen“. Dienstlich, wie sie heute im Landtag hinzu setzte.

Deswegen bin ich ausgetreten. Dienstlich. Was für eine Ausrede.

Ich nehme Josefine, die ich attraktiv finde, nicht übel, dass sie *** **** (eine andere Frau) heiraten will und nicht mich, weil ich ja nicht wirklich lesbisch geoutet bin und ihr auch nie Avancen machte, wenn ich mich recht erinnere. Aber auch das macht mich auch traurig.

Ich nehme Josefine politisch übel, dass sie ein Ministerium in meinem Herzensthema leitet, aber das nicht wirklich mit Engagement. Wenn sie es ernst meinen würde, dann wäre sie Freitagnacht, spätestens aber am Samstag zurück nach NRW gefahren und nicht noch bis Sonntag in Frankreich geblieben.

Und es ist unverzeihlich, dass meine früheren Freunde kein Herz für das Gemeinwohl haben und mit ihr offenbar nicht telefoniert. Wofür habe ich ein linkes Netzwerk gegründet, wenn doch jede und jeder wie eine Ich-AG an der Karriere bastelt, anstatt gemeinsam für Deutschland zu arbeiten, damit dieses weiterhin demokratisch, innovativ und zukunftsfähig ist?

Wir haben weiterhin keinen Sinn für das Volksempfinden und für die Anforderungen des Politikerberufs. Warum nicht einfach mal die Arme und die Herzen öffnen und einladend sein? Wir, also die Grünen, verhalten uns sozial gestört, wir sind keine leuchtenden, fröhlichen Politiker, sondern verhuschte fluide Spinner. Wir sind zu extrem. Wir sind nicht anschlussfähig. Wir sind Arschloch-Autisten mit abstrakten Zielen, die wir nicht erklären können. Wir sind linkisch und peinlich und wundern uns, warum wir so oft die Fresse kriegen. Ohrfeigengesichter.

Wir setzen Klimaschutz als wichtiges Thema, bei der letzten Bundestagswahl haben wir den Wählerinnen und Wählern mit dem Wahlspot die Pistole auf die Brust gesetzt. Letztes Mal, um das 1,5-Grad-Ziel zu schaffen. Doch was tun unsere Bundestagsabgeordneten? Fahrbereitschaft fahren und Fleisch fressen. Was machen wir in den Ländern und kommunal für den Klimaschutz? Haben wir vergessen, bald ist wieder Wahl, dann wird der Klimaschutz wieder wichtig.

Ich verstehe das nicht.

Heute am 30. August 2024 bin ich zum dritten Mal bei den Grünen ausgetreten und ich werde kein weiteres Mal wieder eintreten. Die Patentante meiner Mutter, lesbisch, ist zweimal aus der katholischen und der evangelischen Kirche ausgetreten. Es ist normal zu wechseln. Aber irgendwann ist auch mal gut, wie meine Oma sagen würde.

Die Grünen? Denen kann man nicht vertrauen. Es ist strukturell.

Oder wie sie selbst sagen würden: ein System.


Langer Rede kurzer Sinn: ich habe Anne Spiegel unterstützt, ich habe Josefine Paul unterstützt, beide haben mich enttäuscht, ich habe überdies den im Internet äußerst zweifelhaft kommunizierenden Jan Albrecht unterstützt, da wird sich nicht wirklich Mühe mit der Demokratie und der Politik gegeben, sondern nur an die Karriere gedacht, es ist mir peinlich, ich schäme mich, meine Leistung als Personalerin bei den Grünen ist unter Null.

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3 responses

  1. Tom Meier Avatar

    Schönes Bild am Ende jedenfalls, zum Runterkommen, bis dahin erschütternd.
    Deine Enttäuschung kann ich nachvollziehen, aber ist die SPD denn besser.
    Alkoholisiert oder bekifft schreiben kenn ich, bin aber vorsichtig geworden, das Risiko ist zu groß und nüchtern betrachtet kommt selten was Gutes dabei heraus. Ok, wenns nicht anders geht, aber das ist dann ein Zeichen dass ich was ändern muss. Hast Du ja nun offenbar in einem Punkt gemacht.

  2. Ja ob die SPD besser ist…
    die rote Farbe wird nicht automatisch mit Umwelt assoziiert wie die grüne, jedoch haben die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo und, ganz aktuell, die neue Kommissarin aus Spanien, gezeigt, dass Umwelt auch im Roten zuhause sein kann. Auch wegen Kompetenz bei Migration ist die SPD aus meiner Sicht gerade ganz attraktiv.

    Schreiben ist etwas, was ich eigentlich gut kann, aber ich habe zuweilen Angst, es zu tun. Alkohol stärkt hier das Dopamin oder was auch immer hier den Antrieb ermöglicht. Cannabis, ja, da kann man sagen, dass nur wenige Landesverbände vorbildlich sind, versöhnliches Ende: mein früherer Landesverband Niedersachsen ist hier am Allerbesten. Ansiedelung des Clubmodells bei der Landwirtschaftskammer und zeitnahe Bewilligung der Clubs – vorbildlich.

  3. […] Mein Austrittschreiben vom 30. August […]

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